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Was ist eigentlich ein Preis? Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht?
Auf den ersten Blick ist die Sache ganz einfach. Der Preis ist die Zahl der Geldeinheiten, die Sie für eine Einheit eines Gutes bezahlen müssen. Für ein halbes Pfund Butter zahlen Sie beim Discounter 1,49 Euro (das ist übrigens doppelt so viel wie vor 12 Monaten), ein Liter Benzin kostet 1,35 Euro und für das Pfund Kaffee werden 4,99 Euro fällig. So weit, so gut.
Es reicht nicht aus, einen Wert zu schaffen, indem man ein hervorragendes Produkt herstellt. Denn das Produkt verkauft sich nicht von selbst.
In vielen Fällen lässt sich der Preis aber nicht so einfach darstellen. Was bezahlen Sie für eine Minute mobiltelefonieren? Oder für eine Kilowattstunde Strom unter Berücksichtigung aller Gebühren? Was kostet Sie ein Kilometer mit Ihrem Auto?
Ich hätte Schwierigkeiten, diese Preise spontan parat zu haben. In der Realität sind Preise nämlich häufig äußerst komplex, da sie aus mehreren Komponenten bestehen, die auch noch zu verschiedenen Zeitpunkten anfallen. Dazu kommt, dass Preise nicht immer als „Preise“ bezeichnet werden, sondern als „Konditionen“, „Prämien“, „Honorare“, „Gebühren“, „Kurse“ oder „Maut“. Diese Komplexität und Vielfalt von Preisen bietet große Chancen – und viele Risiken.
Der Preis ist das Scharnier unserer Wirtschaft. Um ihn dreht sich alles. Preise wirken auf Angebot und Nachfrage. Der Preis ist bei typischen Kostenstrukturen in der Industrie der Gewinntreiber Nummer 1. Gleichzeitig ist der Preis im Wettbewerb ein sehr scharfes Schwert. Preiskriege sind in vielen Märkten an der Tagesordnung, in der Regel mit negativen Auswirkungen auf die Gewinnmargen aller Beteiligten.
Ein Beispiel: 2012 entfielen in Deutschland bereits 70 Prozent des Bierumsatzes im Einzelhandel auf Sonderangebote mit Rabatten von bis zu 50 Prozent. 2010 machten Sonderangebote noch weniger als die Hälfte aus.
Preise drängen seit einiger Zeit auch in Lebensbereiche vor, in denen Güter früher aus verschiedenen Gründen keinen Preis hatten. Etwa, weil sie von Staat oder gemeinnützigen Organisationen gratis zur Verfügung gestellt wurden oder aus moralischen Gründen schlicht tabu waren. Autobahnen zu benutzen oder zu studieren war in der Vergangenheit stets kostenlos.
Wie kommt man zum richtigen Preis?
Einige Fluggesellschaften bieten ihren Passagieren gegen Entgelt das Recht an, zuerst ins Flugzeug zu steigen. Wer in die USA einreisen möchte, muss für den notwendigen Eintrag in das US-amerikanische Reisegenehmigungssystem (ESTA) 14 Dollar bezahlen. Um zu Stoßzeiten schneller voranzukommen, kann man in den USA gegen Gebühr auf Sonderspuren fahren. Und gegen 1.500 Dollar im Jahr bieten amerikanische Ärzte ihre Handynummer und 24 Stunden Erreichbarkeit.
Man sieht: der Preis hat heute nahezu alle Bereiche unseres Lebens durchdrungen. Trotz dieser Entwicklungen wissen die meisten von uns wenig über den Preis und seine Auswirkungen.
Es ist sehr einfach, den falschen Preis auszuwählen und ausgesprochen schwierig, sich für den richtigen Preis zu entscheiden. Dazu haben die Russen ein treffendes Sprichwort: „In jedem Markt gibt es zwei Narren. Der eine hat zu hohe, der andere hat zu niedrige Preise.“ Es lohnt sich also für Anbieter wie für Nachfrager, sich mit dem Preis und seinen Auswirkungen auseinanderzusetzen.
Wie kommt man aber zum „richtigen“ Preis, etwa für eine Profilschelle oder Rohrkupplung? Im Idealfall mit Hilfe des Kunden. Denn die Zahlungsbereitschaft des Kunden und damit der erzielbare Preis ist Ausdruck des vom Kunden wahrgenommenen Werts und Nutzen eines Produkts. Sieht der Kunde einen höheren Wert, ist er bereit mehr zu zahlen.
Warum man den Wert auch vermitteln muss
Bevor man sich also über den möglichen Preis eines Produkts Gedanken macht, sollte man sich über den Wert für den Kunden klar sein. Daraus ergeben sich für Unternehmen zwei zentrale Aufgaben: 1. Wert schaffen, beispielsweise durch Beschaffenheit des Materials, Produktqualität, Design oder Service; 2. Wert kommunizieren, indem man etwa die Vorzüge von Produkt, Positionierung, Verpackung und der Marke heraushebt.
Es reicht also nicht aus, einen echten Wert zu schaffen, indem man ein hervorragendes Produkt herstellt – das Produkt verkauft sich auch dann nicht von selbst. Man muss seinen Kunden diesen Wert auch vermitteln können.
Der ehemalige Vorstandsvorsitzende eines großen deutschen Automobilherstellers drückte diese Notwendigkeit in einem Zeitungsinterview einmal so aus: „Exzellente Autos zu bauen, das allein wird nicht reichen. Die Marke ist genauso wichtig wie das Produkt.“ Nur der vom Kunden wahrgenommene Wert erzeugt Zahlungsbereitschaft und hat damit Einfluss auf Umsatz und Gewinn.