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Die NORMA Group analysiert CO2-neutrale Materialien, ob sich daraus Kunststoff-Steckverbinder und Leitungen herstellen lassen
Es ist erst hundert Jahre her, dass sich synthetische Kunststoffe in unserer Welt verbreitet haben. Die Hauptgründe für diesen Siegeszug: Kunststoffe sind vielseitig, robust und leicht zu verarbeiten. Egal ob in Autos, Gebäuden, Maschinen, Haushaltsgeräten oder Computern – Plastik ist überall.
Diese Allgegenwart von Kunststoffen hat auch ihre Schattenseiten. Erstens ist das Ausgangsmaterial von Kunststoffen in der Regel Erdöl, Erdgas oder ein anderer fossiler Rohstoff. Und diese fossilen Ressourcen werden immer knapper. Zweitens werden bei der Herstellung von Kunststoffen große Mengen an Treibhausgasen freigesetzt, was zur globalen Erwärmung beiträgt. Drittens sind die Vorteile des Materials gleichzeitig ein Nachteil: Die Langlebigkeit von Kunststoff bedeutet auch, dass es sehr lange dauert, bis er sich abbaut. Die Verschmutzung durch Plastik kann die Ökosysteme an Land und in den Ozeanen schädigen.
Kunststoff-Granulat gibt es in verschiedenen Farben und Materialien. Wenn es erhitzt wird, kann es in verschiedene Formen gebracht werden.
Steckverbinder eM Compact für Elektroautos, hergestellt aus Polyamid 66 im Spritzgussverfahren bei der NORMA Group.
Die NORMA Group stellt Steckverbinder, Leitungen, Ventilkästen und andere Produkte aus Kunststoff her. Wir kaufen Kunststoff-Granulate von Lieferanten und verarbeiten sie in unseren Werken zu verschiedenen Komponenten. Durch Spritzgießen oder Extrusion wird der Kunststoff zu Rohren oder Verbindungselementen geformt. Unsere Kunden profitieren von dem leichten Material und den flexiblen Gestaltungsmöglichkeiten, die Kunststoff bietet. Die entscheidende Frage ist: Wie können wir weiterhin qualitativ hochwertige Verbindungslösungen anbieten und gleichzeitig unseren CO2-Fußabdruck entlang der gesamten Wertschöpfungskette verringern, also auch bei den von uns verwendeten Materialien?
Nachhaltiges Material: biobasiert oder recycelt
Kunststoff besteht hauptsächlich aus Kohlenstoff. Wird es aus einem nichtfossilen Kohlenstoffmaterial synthetisiert, können die negativen Auswirkungen der Kunststoffproduktion minimiert werden. Die NORMA Group untersucht, ob es möglich ist, nachhaltiges, sogenanntes „grünes“ Material für ihre Kunststoffprodukte zu verwenden. Es gibt hierbei zwei Möglichkeiten: biobasiertes Material und recyceltes Material.
Biokunststoffe: Hergestellt aus Pflanzen
Biobasierter Kunststoff besteht aus einem natürlichen, erneuerbaren Rohstoff. Wir arbeiten derzeit mit verbessertem Polyamid 11 (PA 11), einem Biokunststoff, der aus Rizinusöl hergestellt wird. Das Material ist nicht neu für die NORMA Group: Bereits seit 2012 haben wir PA11 für Kraftstoffanwendungen im Serieneinsatz. Jetzt prüfen wir, ob wir das Material für Verbindungselemente in Elektroautos einsetzen können.
Beispiele für nachhaltige Biokunststoffe
PA 11: Polyamid 11 ist ein Hochleistungskunststoff, der aus einem nachwachsenden Rohstoff hergestellt wird: Rizinusöl. Das Öl wird aus den Samen der vor allem in den Tropen verbreiteten Rizinuspflanze gepresst. PA11 ist ein leichter, teilkristalliner und linearer thermoplastischer Kunststoff. Da er chemisch und mechanisch hitzebeständig sowie langlebig ist, könnte es eine Alternative zu gängigen Kunststoffen aus fossilen Rohstoffen wie Polyamid 12 (PA12) und Polyamid 6 (PA 6) sein.
PA 610: Polyamid 610 ist ein spezieller Kunststoff aus zwei Monomeren, PA 6 und PA 10. Im Gegensatz zu diesen beiden Monomeren fossiler Herkunft kann PA 610 aus einer Mischung aus einer fossilen Quelle und Rizinusöl polymerisiert werden. Der Anteil an biobasierten Rohstoffen muss wesentlich sein, damit das Material als biobasierter Kunststoff gilt.
Aus den Samen des Rizinusbaums (ricinus communis) kann Öl gewonnen werden – eine mögliche Quelle für Biokunststofff
Material-Tests dauern mindestens ein Jahr
Zurzeit konzentriert sich die NORMA Group auf die Prüfung biobasierter Materialien: Sind diese Materialien leistungsfähig genug? Bevor wir neue Kunststoffe für Kundenprojekte in Betracht ziehen, müssen wir herausfinden, ob die aus dem alternativen Material hergestellten Steckverbinder und Rohre genauso leistungsfähig sind wie solche aus fossilen Granulaten. Außerdem müssen wir das Verhalten der Granulate in unseren Fertigungsprozessen untersuchen.
Wir testen derzeit sieben nachhaltige Materialien – jedes davon fast ein Jahr lang
Es ist ein bunter Mix verschiedener Tests: Wie verhalten sie sich bei der Verarbeitung, sind die verwendeten Verfahren (z. B. Extrusion, Spritzguss, Thermoformung, Montage) stabil und reproduzierbar, wie altern sie, halten sie Hitze und dem Kontakt mit aggressiven Flüssigkeiten stand – und so weiter. Die Tests laufen nun schon seit einigen Monaten in unseren Testlaboren in Deutschland, Frankreich und Polen und werden auch noch einige Monate andauern. Derzeit testen wir sieben nachhaltige Materialien – jedes von ihnen mindestens 8.000 Stunden lang.
Was wir bisher herausgefunden haben: PA 610 ist ein stabiler Werkstoff, weist eine gute Beständigkeit gegenüber verschiedenen Flüssigkeiten auf und lässt sich gut verarbeiten. Daher könnte er sehr sich gut für die Serienproduktion eignen. Das biobasierte PA 11 bietet eine gute Dimensionsstabilität und ist sehr alterungsbeständig – auch das sind vielversprechende Ergebnisse.
Zu den Entwicklungsingenieuren der NORMA Group zählen auch spezielle Materialexperten. Sie sondieren regelmäßig den Markt und stehen in Kontakt mit Kunststoff-Herstellern. Falls neue technisch interessante, im Handel verfügbare Materialien identifiziert werden, prüfen wir, ob sie unseren Anforderungen erfüllen.
Recycelter Kunststoff: Gebraucht und bereit für neuen Einsatz
Ein weiterer Ansatz für nachhaltiges Material ist die Verwendung von solchem Material, das bereits im Umlauf ist. Die NORMA Group kauft sowohl voll recycelte Kunststoff-Granulate als auch solche mit einem bestimmten Recycling-Anteil. Mehr als die Hälfte des Kunststoff-Granulats, das wir für unsere Wassermanagementprodukte einkaufen, ist recycelt. Bei einigen Produkten liegt der Anteil sogar noch höher: bis zu 90 Prozent.
Recycelter und regranulierter Kunststoff zur Herstellung von Produkten für das Wassermanagement
In den vergangenen Jahren hat der Anteil an recycelten Kunststoffen stetig zugenommen. Durch den Einkauf bei technischen Lieferanten können wir sicher sein, dass das Material von gleichbleibender Qualität ist. Der recycelte Kunststoff stammt in der Regel aus Abfällen der Kunststoffproduktion verschiedener Branchen. Außerdem verwenden wir unsere eigenen Abfälle aus unseren Produktionsprozessen wieder. Dies gilt jedoch nicht als Recycling, sondern ist schlicht ein naheliegender und effizienter Umgang mit Rohmaterial.
Der Kreislauf geht weiter …
Die nachhaltige Nutzung von Rohstoffen hört nicht bei unserem Produkt auf. In unserer Branche verlangen immer mehr Kunden und Partner, dass unsere Produkte nach ihrer Lebensdauer recycelbar sind. Gemeinsam mit unseren Lieferanten und Kunden arbeiten wir stetig an weiteren Schritten, um den Kreislauf des Recyclings zu vervollständigen.